Winterfest auf 4 Hufen

Explosiv buckeln die Pferde über die weiß gefärbte Weide - ein Bild, das Reiterherzen höher schlagen lässt. Damit Reiter und Pferd gesund und mit viel Spaß durch die kalte Saison kommen, geben Ihnen unsere Fachleuten Tipps rund um den Winteralltag.

 

Pferde benötigen in den kalten Monaten mehr Energie, sie müssen sich im Kalten mehr bewegen. Leider geschieht in den Reitställen genau das Gegenteil: die Pferde stehen länger ohne Bewegung in den Boxen und werden dazu noch weniger geritten, da viele Reiter im Winter seltener in den Stall kommen und Reiten. Diese Kombination allein - mehr Bewegung benötigen, aber weniger loswerden können - ist äußerst ungünstig und erklärt, warum Pferde knackig sind. Zusätzlich müssen auch die Haltungs- und Fütterungsbedingungen der Winterzeit angepasst werden.

 

Jochen Schumacher, Leiter des FS-Reitzentrums Reken erläutert, wie Ihr Pferd in der kalten Jahreszeit ausgeglichen bleibt:

 

  • Achten Sie im Winter auf ausreichend Spurenelemente und Mineralien, vor allem der Magnesiumhaushalt Ihres Pferdes sollte ausgewogen sein. Füttern Sie lieber dreimal täglich kleinere Mengen, anstatt täglich zwei große und stimmen Sie die Menge immer mit der Leistung ab, die Ihr Pferd erbringt. In Pensionsställen ist dies oft schwer machbar, vielleicht ist eine Absprache mit dem Hofinhaber möglich.
  • Pferde, die sehr knackig sind, kommen bei uns nach einigen Schritt-Aufwärmphasen an der Hand in den Round Pen oder Longierzirkel. Nach dem Motto "bist du nicht willig, so kriegst du arbeit" lassen wir unsere Pferde erst einmal laufen. Wichtig ist, dass man niemals mit dem Pferd kämpft, es soll sich nur austoben. Sinnvoll ist auch korrekte Longenarbeit mit Dreieckszügeln.
  • Pferde, die unterm Sattel in der Halle knackig sind, arbeiten wir im Trab hinter einem anderen, ruhigen Pferd. Wenn es das gut macht und die erste Energie raus ist, ohne dass es zu schnell vorne raus rennt, reiten wir unsere Aufgaben alleine.
  • Viel Abwechslung und viel Bewegung halten Ihren Vierbeiner auf einem ausgeglichenen Niveau.
  • Ein Winterauslauf sollte heutzutage an jedem Stall vorhanden sein. Ob dies ein Einzel- oder ein Herdenpaddock ist spielt dabei keine große Rolle. Wichtig ist nur, dass sich das Pferd frei bewegen und ein paar Schritte rennen und buckeln kann.

 

Angst vor Schnee

 

"Pferde haben grundsätzlich keine Angst vor Schnee, da dies eine ganz natürliche Gegebenheit ist", erläutert Schumacher. "Werden Sie allerdings hauptsächlich ‚unnatürlich' in der Box gehalten und kommen im Winter nicht raus, kann es sein, dass der Farbunterschied von schneeweiß zu anderen Untergrundtönen für das Pferd zu dominant ist. Hier ist es aber nicht der Schnee selber, der Angst bereitet, sondern die plötzlich unterschiedlichen Schattierungen auf dem Boden. Ein Pferd, das robust gehalten und regelmäßig im Gelände geritten wird, kann von Matsche aufs Trockene, vom Schatten ins Licht, von Laub auf Asphalt oder von Schnee auf Gras treten, ohne dies als Bedrohung anzusehen. Eingestallte Pferde können aber durch die Arbeit mit der Plane oder anderen Hindernissen lernen, trittsicherer zu werden.

 

Neben dem Untergrund sind aber auch die Menschen im Winter anders: Emsig wird draußen Schnee geschippt, Reiter kommen in die Stallgasse mit weißen Mützen und schütteln heftig ihre eingeschneiten Jacken ab. All diese kleinen Veränderungen im Alltag registriert das Tier und macht es schon mal ein wenig aufmerksamer."

 

Folgende Tipps können dem Pferd mehr Sicherheit an der Hand geben:

 

  • Das Führen über Schnee sollte bei einem schreckhaften Pferd erst einmal auf griffigem Untergrund geübt werden - also in der Halle oder vor dem ersten Schneefall. Da der plötzliche Bodenunterschied und das Leuchten der weißen Fläche auf das Pferd wirkt, arbeiten wir mit einer Plane, die von der einen Seite farbig, von der anderen weiß ist. Breiten Sie diese mit der in diesem Fall grünen Seite nach oben aus.
  • Zeigen Sie Ihrem Pferd das neue Objekt auf dem Boden. Gewähren Sie ihm einen Augenblick, lassen sie es ruhig schnuppern.
  • Die Führkette, die über der Nase verschnallt ist und die Gerte die in der äußeren Hand liegt, hilft dabei, dass Pferd im Rahmen zu halten.
  • Seien Sie geduldig. Weicht Ihr Pferd in eine Richtung aus, können Sie es klar aber behutsam damit korrigieren. Wut, Hast oder Ungeduld müssen bei der Arbeit mit Pferden unbedingt zuhause gelassen werden. Seien Sie sich sicher, dass Ihnen und dem Pferd die Plane nichts tut.
  • Legen Sie zuerst zwei Planen parallel zueinander hin und führen Sie das Pferd durch den entstandenen Gang. Verengen Sie diesen nach und nach.
  • Können Sie Ihr Pferd über das Hindernis am Boden führen, dann ändern Sie dessen Farbe. Drehen Sie die Plane um, so dass die weiße Seite oben liegt. Das wird das Pferd schon aufregender finden. Gehen Sie hier genauso vor. Wichtig: Erlauben Sie dem Pferd die Nase bis runter auf den Boden zu nehmen, da es Geruch und Konsistenz des Objektes wahrnehmen möchte.
  • Fällt der erste Schnee, sollten Sie Ihr Pferd ? wenn überhaupt noch nötig ? genauso an schneebedeckte Flächen heranführen. Vorsicht: Nur barhuf laufende Pferde oder welche mit sicherem Winter-Hufschutz sollten im Schnee geführt werden.

 

Albinos können Schneeblind werden

 

Auch Jung- und Problempferdeausbilder Bernd Hackl erklärt, dass Schnee für Pferde genauso natürlich ist wie Regen. "Eine Ausnahme bilden da einige Albinos, die Schnee aus körperlichen Gründen meiden können: wie auch im Humanbereich können sie schneeblind werden und beim Blick auf die ständig helle, weiße Fläche die Orientierung verlieren. Auf so eine ungewohnte Körperreaktion kann das Pferd panisch, mit Fluchtinstinkt reagieren. Werden gesunde Pferde allerdings überwiegend in der Box gehalten und kommen nur selten (im Winter oft gar nicht) raus, reagieren Sie draußen oft über", beschreibt der Süddeutsche. "Jede visuelle Veränderung, ungewohnte Geräusche oder Farben auf dem Untergrund lassen sie dann schnell ‚austicken'." Auf glatten Untergrund kann dies fatal sein. "Wenn Ihr Pferd also den Schnee nicht kennt, Eisen hat und Sie sorgen sich, ihn über den Hof zur Halle zu führen, dann üben Sie dies nicht an Ort und Stelle, da Ihr Pferd auf diesen Böden schnell ausrutschen kann", fährt Hackl fort. "Bringen Sie also den Schnee zum Pferd:

 

  • Legen Sie dem Pferd einige Schneekugel in die Box. Die meisten Pferde beißen rein und spielen damit. Machen Sie die Kugeln aber nicht zu groß, damit ihre Box nach dem Auftauen nicht ganz überschwemmt ist.
  • Ist Ihr Pferd in der Halle, können Sie auch mal eine Schubkarre voll Schnee füllen und diese in die Halle kippen. Hier können Sie das Pferd schnuppern und experimentieren lassen und es auch drüber führen.
  • Grundsätzlich mindert die Arbeit mir der Plane die Schreckhaftigkeit des Pferdes vor allen äußeren Gegebenheiten und ist eine gute Vorbereitung.


Rutschfest in allen Gangarten

 

Pferde, die Eisen haben, sollten auf keinen Fall auf verschneiten Flächen geritten oder frei laufen gelassen werden. Beim so genannten Aufstollen formt sich der Schnee unter den Eisen zu Klumpen und die Pferde können durch die fragile Trittsicherheit stolpern und sich verletzen. Die wohl einfachste Variante für die Schneesaison ist der Barhuf. Wenn Sie in einer schneereichen Region wohnen und Ihr Pferd auf verschneite Weiden stellen oder im Schnee reiten möchten, dann sprechen Sie mit Ihrem Schmied, ob Ihr Pferd eine Wintersaison ohne Eisen laufen kann. Ist dies nicht möglich, kann er Sie über Hufschutz wie Supergripp oder Stollen aufklären.

 

Kurze Tage mit viel Abwechslung

 

"Pferde, die das ganze Jahr über in der Box stehen und kaum Auslauf erhalten, zeigen im Winter nicht zwangsläufig Verhaltensränderungen im Verhältnis zum Verhalten im Sommer", erläutert Dr. Barbara Schöning, Tierärztin für Verhaltenskunde. "Es ist noch nicht erforscht, wie sich die verkürzten Lichtzeiten in den kalten Monaten auf das Gemüt und die Leistungsbereitschaft des Pferdes auswirken. Allerdings weiß man, dass Nagetiere auf weniger Tageslicht mit Veränderungen ihrer Angststeuerung reagieren. Pferde sind Fluchttiere und ein rechtzeitiges Erkennen von Raubtieren auf der Entfernung ist für sie lebensrettend. Je weniger Licht vorhanden ist, je dämmriger es ist, desto höher ist die Alarmbereitschaft des Pferdes und somit dessen Stresslevel. Steht Ihr Pferd im Winter in der Box und im Sommer auf der Weide, sollten Sie den Übergang so weich wie möglich gestalten und ihn nicht von heute auf morgen einsperren: Über einige Wochen hinweg kann die Weidezeit verringert werden. Optimal wäre ein Winterauslauf mit Sozialkontakt, die nötige artgerechte Haltung, die es braucht, um langfristig gesund zu sein. Sorgen Sie im Winter für Abwechslung: Bodenarbeit, Spazieren gehen, Stangenarbeit, Longieren, Reiten ? ein Pferd, das sechs Monate nur Reithalle und Box zu sehen bekommt, kann Stress aufbauen, unerwünschtes Verhalten wie Koppen, Weben oder Giften entwickeln und ist anfälliger für Krankheiten."

 

Quelle: www.goodhorsemanship.de